Abenddämmerung

Die Abenddämmerung unserer Lebenszeit hat begonnen,
sehnsüchtig blicken wir zurück, in das Unbekümmertsein,
in die damalige unbefangene Wildheit hinein.
Manchmal meinen wir auch, etwas versäumt zu haben.
Und wir sagen, wir würden heute vieles anders machen als vor Jahren.
Wollen wir nicht klagen und nicht verzagen.

Stehen wir zu unseren Falten im Gesicht und dem angefütterten Gewicht,
zu den Spuren auf unseren Schultern, welche schwere Lasten trugen.
Stehen wir zu der Traurigkeit in unseren Herzen, zu unseren Schmerzen.
Wagen wir es noch an diesen Tagen, aufwärts zu blicken,
wenn auch in die Dämmerung des Abends hinein.
Wollen wir einfach sein.

Vielleicht hüpfen wir nicht mehr auf einem Bein,
dies fällt uns kaum noch ein.
Trotzdem ist es schön, im Jetzt zu sein.
Hören wir den Flötentönen zu, ganz in Ruhe.
Spüren wir die Wellen der Erde unter unseren Schuhen,
und sehen wir all den Blumen zu, wie sie blühen und welken.
Schauen wir in den Himmel hinein, mit all seinen Welten.

Gehen wir spazieren, in die Abendnacht hinein,
um den lauen Sommerwind zu spüren, was für ein Glücklichsein.
Wir wollen uns Gefühle schenken
und an einen gemeinsamen Lebensabend denken.
Den Briefen Antwort geben und reden.
Nicht gestellte Fragen stellen, Gemeinsamkeiten erkennen.
Frei beschwingt, dass sollten wir noch sein,
in die Zeit der Abenddämmerung hinein.


Brigitte Zehmisch
Januar 2017