Es gibt Tage, an denen ich mich im Schatten meines geliebten Baumes aufhalte,
um mich eine Weile vom Getöse der Menschenwelt zu erholen, in Stille zu baden, mich einfach anlehnen und die Stärke des Stammes zu spüren. Tief verwurzelt fühle ich mich mit ihm, weil ich weiß,
wie viele Gezeiten er schon durchgestanden hat. Verglichen mit mir, die ich hier auf der Erde weile, ist das nichts. Vielleicht gerade deshalb zieht es mich dort hin unter meines Baumes
Blätterdach. Hoffnungsvoll schaue ich durch die Äste und den Blättertunnel, den mir der Wind geformt hat, um das leichte Zwielicht des Waldes in Augenschein nehmen zu können. Tief beginne ich
dann durchzuatmen.
Unter meinen Füßen fühle ich die erhabene Weichheit des Moosgrundes. Mein Blick verliert sich in dem Wirrwarr aus dem Erdreich kommender Verwurzelung.
Gleichzeitig lausche ich dem murmelnden Bächlein, welches sich am Rande eines kleinen Waldweges mit fest eingedrückten Steinen und bewachsenen Grasbüscheln durch das Unterholz zu schlängeln wagt.
Im knackenden Gehölz zeigen mir Käfer und Ameisen ihre Emsigkeit.
Meine Gedanken fliegen davon und versuchen, sich mit den Wolkengeistern zu vereinen. In diesen Momenten ist mein Herz nicht von dieser Welt, unbeugsam beseelt wandle ich in ferne Zeiten und
Räume. Der laue Wind streicht sacht über meinen Körper. Ebenso lässt er alle Gräser und Farne leicht tanzen. Vibrierende wundersame Töne erklingen, gerade so, als würden uralte Wiegenlieder die
Welt bereisen.
So sitze ich angelehnt an meinen geliebten Baum, bis mir die Abendsonne ihr weiches Licht unter den Zweigen meines lieben Freundes hervorkommend schenkt. Staunend bemerke ich, wie sich die
zartfarbigen Waldblumenkelche in rot-goldene Farben verwandeln. Magisch erscheint mir die Zeit mit dir, mein Freund. Gern möchte ich noch viele Jahre mit dir verbringen, um mich von der
geordneten Struktur unserer Welt zu lösen.
Danke, dass es dich noch gibt.